Erneut hat der I. Senat des BGH die Grenze abgesenkt, ab welcher bei Steuerhinterziehungen ein großes Ausmaß erreicht ist. Das hat Konsequenzen für das Strafmaß und die strafrechtliche Verjährung.
Der BGH hat Ende 2015 seine Rechtsprechung zum großen Ausmaß einer Steuerhinterziehung verschärft. Statt wie bisher ab 100.000 €, ist das Regelbeispiel nunmehr bereits bei Überschreiten eines Hinterziehungsbetrages von 50.000 € erfüllt. Dies hat zum einen Auswirkung auf den Strafrahmen, zum anderen aber auch auf die Verjährung; 10 statt 5 Jahre.
Der BGH vertrat bisher folgende Auffassung:
Die Wertgrenze liegt bei 100.000€, „wenn der Steuerpflichtige zwar eine Steuerhinterziehung durch aktives Tun
begeht, indem er eine unvollständige Steuererklärung abgibt, er dabei aber lediglich steuerpflichtige Einkünfte oder Umsätze verschweigt ... und allein dadurch eine Gefährdung des Steueranspruchs herbeiführt“.
An dieser Rechtsprechung hält der Senat nicht fest. Aus folgenden Erwägungen ist eine einheitliche Wertgrenze von 50.000€ angemessen. Eine einheitliche Wertgrenze von 50.000€ gilt entsprechend bei den Regelbeispielen des Herbeiführens eines Vermögensverlusts großen Ausmaßes der §§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 1. Var., 263a Abs. 2, 264 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, 266 Abs. 2, 300 Satz 2 Nr. 1 StGB.
Das große Ausmaß ist nun deutlich eher erreicht als bisher. Dies macht deutlich, dass der Anwalt als Verteidiger sowohl Steueranwalt als auch Strafverteidiger sein sollte. Die Verteidigung in Steuerstrafsachen beginnt mit dem Angriff gegen die Steuerfestsetzung. Strafverteidiger ohne besondere Kenntnisse des materiellen Steuerrechts verkennen diesen wichtigen Aspekt. Sind die Steuerbescheide bereits bestandskräftig, ist ein wesentlicher Teil der Strafverteidigung verschlossen. Selten wird man ein Strafgericht dazu bewegen können, angesichts der Bestandskraft der Bescheide hiervon abzuweichen, obwohl der BGH in ständiger Rechtsprechung verlangt, dass der Steueranspruch des Staates im Urteil dezidiert hergeleitet werden muss.