Voraussetzungen der Befreiung von der Erbschaftsteuer
Das Finanzgericht Münster (Urteil vom 28.09.2016, Az. 3 K 3793/15 Erb) hatte sich kürzlich mit der Vorschrift des §13 Abs. 1 Nr. 4 c ErbStG näher auseinander zu setzen. Hiernach können u.a. die Kinder des Erblassers ein bis zu 200 qm großes Familienheim dann erbschaftsteuerfrei erwerben, wenn der Erblasser bis zu seinem Tode darin gewohnt hat und der Erwerber dieses „unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt“. Nach Auffassung des FG Münster bedeutet dies folgendes:
„Ein Haus ist zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt, wenn der Erwerber die Absicht hat, das Haus selbst zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen, und diese Absicht auch tatsächlich umsetzt. Die Absicht des Erwerbers zur Selbstnutzung der Wohnung lässt sich als eine innere Tatsache nur anhand äußerer Umstände feststellen. Dies erfordert, dass der Erwerber in die Wohnung einzieht und sie als Familienheim für eigene Wohnzwecke nutzt. (…)
Darüber hinaus ist der Senat der Auffassung, dass ein Familienheim im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG nur dann gegeben ist, wenn sich dort der Mittelpunkt des familiären Lebens befindet. Dies hat der BFH bereits für den Begriff des Familienwohnheims gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG in der bis zum 31.12.2008 gültigen Fassung entschieden. (…)
Unverzüglich erfolgt eine Handlung dann, wenn sie innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungszeit vorgenommen wird. Das bedeutet, dass ein Erwerber zur Erlangung der Steuerbefreiung für ein Familienheim innerhalb einer angemessenen Zeit nach dem Erbfall die Absicht zur Selbstnutzung des Hauses fassen und tatsächlich umsetzen muss.
Angemessen ist regelmäßig ein Zeitraum von sechs Monaten nach dem Erbfall, damit der Erwerber den Entschluss zum Einzug bedenken und im Anschluss dann ggfs. erforderliche Renovierungs- und Gestaltungsmaßnahmen durchführen kann. Auch nach Ablauf von sechs Monaten kann eine unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung gegeben sein, wenn der Erwerber darlegt und glaubhaft macht, warum ein Einzug in die Wohnung nicht früher möglich ist und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat. (…)“
Praxisanmerkung vom Steueranwalt
Im Streitfalle entschied das FG Münster gegen den Erwerber, da deutlich mehr als sechs Monate vergangen waren und das Gericht keine ausreichenden Entschuldigungsgründe sah. Es ließ jedoch die Revision zum Bundesfinanzhof zu. Das Verfahren ist dort zurzeit bei dem zweiten Senat unter dem Aktenzeichen II R 37/16 mit folgender Frage anhängig: „Wie sind die Begriffe „zeitnahe Erbauseinandersetzung“ und „unverzügliche Selbstnutzung des Familienwohnheims“ zu interpretieren, wenn eine langwierige Erbauseinandersetzung und eine Kernsanierung des Objektes erfolgen?“
Ablehnende Steuerbescheide sollten mit Hinweis auf das anhängige Revisionsverfahren offen gehalten werden.