Der Kläger war Alleinerbe nach seinem im Januar 2022 verstorbenen Vater. Zum Nachlass gehörte ein Grundstück, welches der Erblasser bis zu seinem Tode zusammen mit seiner Ehefrau bewohnt hatte.
Für dieses Grundstück räumte der Erblasser seiner Ehefrau ein lebenslanges Wohnungsrecht ein (Vermächtnis).
Nachdem die Mutter des Klägers das Objekt zunächst aufgrund ihres Wohnungsrechtes bewohnt hatte, verzog sie im Juni 2022 in ein Pflegeheim.
Im März 2022, also ein Jahr nach dem Erbfall, zog der Kläger dann in das Objekt ein.
Kontext der Entscheidung:
Wohngrundstücke, welche der Erblasser selbst bis zu seinem Tod bewohnt hat (oder aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung gehindert war) können an Kinder steuerfrei vererbt werden, wenn diese „unverzüglich“ nach dem Versterben des Erblassers selbst einziehen. Als Richtschnur für den Begriff „unverzüglich“ hat die Rechtsprechung einen Zeitraum von ca. 6 Monaten entwickelt.
In dem durch das Finanzgericht Niedersachsen entschiedenen Fall war das Finanzamt davon ausgegangen, dass eine unverzügliche Nutzung des geerbten Hauses zu Wohnzwecken wegen des zugunsten der Ehefrau des Erblassers eingeräumten Wohnungsrechtes nicht möglich sei. Das Finanzamt verwehrte daraufhin die Steuerfreiheit.
Das Finanzgericht entschied nun aber zugunsten des Erben, dass er wegen des Wohnrechtes zugunsten der Ehefrau des Erblassers unverschuldet an der unverzüglichen eigenen Nutzung zu Wohnzwecken gehindert war und deshalb erst nach dem Wegzug der Ehefrau des Erblassers ins Pflegeheim die „Frist“ für die unverzügliche Nutzung zu eigenen Wohnzwecken zu laufen begann.
Vor diesem Hintergrund konnte der Erbe auch ein Jahr nach dem Versterben des Erblassers das Wohnobjekt "unverzüglich“ zu eigenen Wohnzwecken nutzen und dementsprechend in den Genuss der Steuerfreiheit selbst genutzten Wohneigentums kommen.
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